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6 U 51/00
15 O 25/00 Landgericht Kiel

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

des Verlages Partisch und Röhling GmbH, vertreten durch die Geschäfts­führerin Ingrid Röhling, Asternweg 4, 23795 Bad Segeberg,

Klägerin und Berufungsklägerin,

–Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dietz und Jensen in Schleswig–

gegen

Herrn Peter Becker, Im Apfelgarten 10, 76870 Kandel,

Beklagten und Berufungsbeklagten,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen in Schleswig –

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandes­gerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2000 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Mett und die Richter am Oberlandesgericht Hanf und Dr. Krönert für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 13. April 2000 (15 O 25/00) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtzuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beträgt für die Klägerin 34.000 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

  1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung des ange­grif­fe­nen Verhaltens des Beklagten aus dem Markengesetz. Wesentliche Voraussetzung für den Anspruch ist die Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr. Ein Handeln im Verkehr ist jede wirt­schaft­liche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eigener oder fremder Geschäftszwecke zu dienen bestimmt ist. Da der Begriff weit auszulegen ist, wird jede selbstständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit, in der die Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt, erfasst. Private Tätig­keiten scheiden also aus (Fezer, Markenrecht, 2. Auflage, § 14, RdNr. 40-42).

    Für die Beurteilung der aufgeworfenen Frage ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Diese sprechen hier gegen die Annahme, der Beklagte habe die Marke im geschäftlichen Verkehr verwendet.

    Da er die Wortmarke nicht zur Kennzeichnung seiner Internet­seite verwendet hat, kommt es für die Bestimmung, ob ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt, auf den Inhalt seiner Homepage an. Diese lässt ein auf die Förderung eigener oder fremder Geschäftszwecke gerichtetes Handeln nicht erkennen.

    Die Homepage enthält verschiedene Rubriken, unter denen sich auch die Rubrik "Fundgrube" befindet. Dort wird unter der Überschrift "Geschichten" auch die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo aufgeführt. Durch Anklicken gelangt der Nutzer zu dieser Geschichte, die er lesen und herunterladen kann. Da der Beklagte dafür kein Entgelt verlangt, ist daraus für eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr nichts herzuleiten.

    Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache, dass die Home­page des Beklagten verschiedene Links (Verweisungen) auf die Seiten anderer Internetanbieter enthält, die geschäftli­che Zwecke verfolgen. Dadurch hat der Beklagte die Wortmarke Swabedoo nicht im Sinne von § 14 Abs. 2 Abs. 3 MarkenG benutzt. Denn die Verweisungsadressen enthalten diese Wortmarke nicht. Der Nutzer greift bei Verwendung der Links außerdem auf Daten­bestände anderer Anbieter zu, die weder die Wortmarke noch die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo enthalten.

    Die Klägerin ist jedoch der Auffassung, dass der Beklagte mit der Veröffentlichung der Geschichte das Interesse der Nutzer seiner Homepage für die Seiten der Anbieter, auf die verwiesen wird und die geschäftlichen Zwecken dienen, wecken will und weckt. Dadurch, so die Auffassung der Klägerin, fördere er die geschäft­li­chen Zwecke dieser Anbieter und damit auch eigene geschäftliche Zwecke, da er davon wirtschaftliche Vorteile habe.

    Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Die geschäftliche Tätigkeit der Anbieter, auf deren Seiten verwiesen wird, würde der Beklagte nämlich nur fördern, wenn er sich die Inhalte dieser Seiten für seine eigene Homepage zu eigen gemacht hätte, diese also inhaltlich Teile seiner Homepage wären.

    Voraussetzung für die Zurechnung des Inhaltes fremder Inter­net­seiten ist, dass eine Verantwortlichkeit des Verweisenden nach §5 des Gesetzes über die Nutzung von Telediensten (TDG) besteht. Das Gesetz regelt gesondert die Verantwortlichkeit eines Anbieters für Informationsinhalte, die über Informations- und Kommu­ni­ka­tions­dienste zur Verfügung gestellt werden. Nach § 5 Abs. 3 TDG ist eine Verantwortlichkeit für fremde Inhalte ausgeschlossen, wenn der Anbieter lediglich den Zugang zu deren Nutzung vermittelt (Landgericht Lübeck CR 99, S. 650; Koch, NJW-COR 1998, S. 45 <48>). Eine Verant­wort­lich­keit für fremde Inhalte ist dagegen gegeben, wenn zusätzliche Umstände vorliegen, die verdeutlichen, dass sich der Anbieter die Inhalte der anderen Seiten geistig zu eigen machen will (Bettinger/Freytag, CR 98, S. 545 <548>; LG Hamburg CR 1998, S. 656 <566>; Kloos, Anmerkung zum Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main, CR 1999 S. 46 <47>).

    Eine Verantwortlichkeit des Beklagten kann unter Zugrunde­legung dieser Maßstäbe nicht festgestellt werden.

    1. Der Senat geht mangels anderweitigen Vortrages der Klägerin davon aus, dass es sich bei den vom Beklagten installierten Links um "normale Links" handelt. Das bedeutet, dass auf der Webseite des Beklagten die Adresse eines anderen Anbieters genannt oder in Form eines icon präsentiert wird, die durch Doppel­klicken aktiviert werden kann. Dadurch wird auto­ma­tisch die Internetadresse des Verwiesenen angewählt, dessen Webseite (Homepage) auf dem Bildschirm erscheint und die dem Nutzer – im Gegensatz zum deeplink – auch zu erkennen gibt, daß er sich nun auf der Seite eines anderen Anbieters befindet (vgl. Kochinke/Tröndle, CR 99. S. 190 <191 >; vgl. zu diesem Kriterium auch die Anmerkung Kloos a. a. O., S. 47). Dem Nutzer ist also bewußt, dass er durch Verwendung des Links die Homepage des Beklagten verlässt und eine andere Seite aufsucht. Das wird ihm auch dadurch verdeutlicht, dass die verwiesene Seite einen eigenen Domainnamen zeigt, der mit dem des Beklagten (peter-becker.de) nichts gemeinsam hat (vgl. Landgericht Lübeck CR 99 S. 650 <651 >). Der Eindruck einer inhaltlichen oder unternehmerischen Verbundenheit kann daher nicht entstehen.

    2. Der Beklagte hat auf die Gestaltung der verwiesenen Seiten keinen Einfluss (vgl. Bettinger/Freytag, CR 98, S. 550). Etwas anderes ist jedenfalls nicht dargelegt worden.

    3. Es erfolgt auch keine inhaltliche Einbettung der Aussage fremder Seiten in das Angebot und den Inhalt der Webseite des Beklagten. Diese wird nicht durch die Inhalte fremder Seiten vervollständigt (vgl. Landgericht Lübeck CR 99 S. 651). Die Homepage des Beklagten könnte vielmehr auch ohne die Verweisungen als vollständig angesehen werden.

    4. Für die Abgrenzung von Inhalten anderer Internetseiten, auf die verwiesen wird, ist außerdem die Kommentierung der Verweisung zu beachten (Kloos a. a. O. S. 47; LG Hamburg, Urteil vom 12. Mai 1998 CR 98, S. 565 <(566>). Auch das steht hier der Annahme entgegen, der Beklagte habe sich die Seiten zu eigen machen wollen. Denn seine Homepage enthält unter Hinweis auf die genannte Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 die ausdrückliche Erklärung, daß er sich von den Inhalten der Seiten, auf die er per Link verweise, distanziere (vgl. BI. 51 d. A.).

    5. Mit Hilfe der Verweisung auf andere, wirtschaftlichen Zwecken dienende Internetseiten greift der Nutzer im Übrigen nicht auf den Datenbestand des Verweisenden, sondern den des Anbie­ters zu, auf dessen Seite verwiesen wird. Selbst wenn dieser Anbieter markenrechtlich geschützte Waren im Wege des download anbietet, stellt die Eröffnung der Möglichkeit, auf diese Homepage und damit auf die geschützte Ware zugreifen zu können, daher keine Markenrechtsverletzung des ver­wei­sen­den Homepageinhabers dar (LG München CR 99 S. 592 <593>). Etwas anderes kann nur gelten, wenn zwischen dem Verweisenden und dem Anbieter, auf den verwiesen wird, eine wirtschaftliche Verbindung besteht und der Verwei­sen­de aus der Verweisung wirtschaftliche Vorteile zieht.

      Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Anbieter, die von der Homepage des Beklagten zu erreichen sind, bieten das markenrechtlich geschützte Produkt der Klägerin nicht an. Und es bestehen auch keine wirtschaftlichen Ver­bin­dungen, aus denen der Beklagte wirtschaftliche Vorteile zieht. Die Klägerin hat das zwar pauschal behauptet. Sie hat für ihre Behauptung jedoch keinen Beweis angetreten. Da sie für das Tatbestands­merkmal der Benutzung der Marke "im geschäftlichen Verkehr" die Darlegungs- und Beweislast hat, ist sie insoweit beweisfällig geblieben.

      Der streitige Umstand kann auch nicht aufgrund von Hilfs­tatsachen (Indizien) festgestellt werden. Die Hereinnahme von Verweisungen auf andere Anbieter, die geschäftlich tätig sind, lässt für sich alleine nicht den Schluss darauf zu, der Beklagte müsse davon wirtschaftlich profitieren. Weitere Umstände, die einen solchen Schluss rechtfertigen könnten, gibt es nicht. Der Beklagte ist bei der Firma Siemens beschäftigt und erzielt daraus ein überdurchschnittliches monatliches Einkommen. Ausweislich des von ihm vorgelegten Einkommens­steuer­bescheides für das Jahr 1998 hatte er in jenem Jahr keine weiteren Einkünfte. Die Unterhaltung der Homepage kostet ihn – was unstreitig ist – pro Jahre 58 DM Grundgebühr und die jeweiligen Telefon­kosten für die Verbindung zur Homepage. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass er aus dem Betrieb seiner Homepage Einnahmen erzielt oder dass er auf solche Einnahmen angewiesen ist.

      Die von ihm über die Homepage verbreiteten Inhalte lassen eine solche Zielsetzung auch nicht erkennen. Denn die Darstellung seines Lebenslaufes sowie dessen, "was er mag und was er nicht mag", weist darauf hin, dass es ihm nur um die Verbreitung seiner privaten Ansichten geht.

      Soweit der Beklagte in der Vergangenheit die von ihm angebotene software gegen ein geringes Benutzungsentgelt abgegeben hat (shareware), ist das noch vor dem hier angegriffenen Verstoß geändert worden. Der Beklagte gibt die software als freeware ab (Bl. 61 d. A.). Auch insoweit erzielt er also keine Einnahmen.

      Der Aufruf, die Aktion gegen Markengrapping zu unter­stüt­zen, sowie die Nennung der Sponsoren, die die Aktion bisher unterstützt haben, dient ebenfalls nicht dem Ziel, dem Beklagten Einnahmen zu verschaffen. Denn der Aufruf stammt nicht von ihm, sondern von einem Herrn Thorsten Haßepen oder Haßpen (vgl. die Anlagen im Aktendeckel).

      Und schließlich bringt dem Beklagten auch die Werbung der Firma Europe Entertainment keine Vorteile, aus denen auf eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr geschlossen werden kann. Denn die Werbung dieser Firma hat der Beklagte nur akzeptiert, um auf seiner Homepage ein Gästebuch zu privaten Zwecken einrichten zu können, dessen Erstellung ihm selbst nicht möglich war.

      Im Ergebnis kann daher ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nicht festgestellt werden, so dass markenrechtliche Ansprüche ausscheiden.

  2. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin müssen im Hinblick auf die rein private Tätigkeit des Beklagten ebenfalls scheitern. Denn der im UWG verwendete Begriff "im geschäft­lichen Verkehr" entspricht dem des Markenrechts (Fezer, a. a. O., § 14 RdNr. 40 m. w. N.).

  3. Der Klägerin steht schließlich auch kein urheber­recht­licher Unterlassungsanspruch zu. Schutzfähig kann nur das von ihr geschaffene Werk sein. Das aber ist nicht die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo insgesamt, sondern nur die Bearbeitung durch Frau Partisch. Dieses Werk hat der Beklagte aber nicht benutzt. Denn die von ihm veröffentlichte Fassung der Geschichte weicht von der Bearbeitung erheblich ab. Sie ent­spricht vielmehr der bereits 1976 in der Mitarbeiterzeitschrift der Firma Siemens als Weihnachtsgeschichte veröffentlichten Fas­sung. Die Bearbeitung durch Frau Partisch erfolgte dagegen erst Anfang der achtziger Jahre, also danach. Auch deshalb scheidet ein Verstoß gegen das Urheberrecht aus.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.


Auf meine ausdrückliche Frage hinsichtlich einer weiteren Instanz schrieb mir mein Anwalt:
"Es gibt keine nächste Instanz mehr, weil der Senat die Revision nicht zugelassen und die Beschwer nicht auf über 60.000,00 DM festgesetzt hat."


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