Sankt Bürokratius
und die Arbeitsagentur

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Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit darf ein Tatsachenbericht über Missstände durchaus deftige Ausdrucksweisen enthalten.
Solange eine drastische Wortwahl nicht der alleinige Zweck einer Veröffentlichung ist, sondern nur Garnierung eines Tatsachen­berichts, liegt weder Beleidigung noch Schmähkritik vor.

Thema Arbeitslosigkeit

Vorgeschichte

Wobei sie ihrem Ziel mit etwas Mobbing Nachdruck verliehen

Als meine Chefs mich im Jahr 2005 möglichst schnell loswerden wollten, baldowerten sie aus, dass ich auf Grund meiner langen Berufstätigkeit die Altersrente für langjährig Versicherte ab einem Alter von 62 Jahren beanspruchen kann, und es wurde ein Alters­teilzeit­vertrag abgeschlossen, mit dem mein Arbeitsverhältnis am 31.8.2011 endet, Ende des Monats, in dem ich 62 werde.

Als ich wie geplant meine Rente beantragte, stellte sich heraus,

Vertrauensschutzregelungen gab es nur für die Rente nach Altersteilzeit, die jedoch erst ab 63 Jahren zu haben ist.

dass durch Gesetzes­ände­run­gen der Beginn dieser Rente für meinen Jahrgang erst ab 62 Jahren plus 2 Monaten möglich ist. Ich hatte also plötzlich zwei Monate vor mir, in denen ich weder Gehalt, noch Rente bekommen würde, und die ich darum mit Arbeits­losen­geld überbrücken musste.

Arbeitsagentur, Außenstelle Kandel

Am 2011-05-19 ging ich zur Arbeitsagentur in Kandel, um das Arbeitslosengeld für diese zwei Monate zu beantragen. Eigentlich war die Sache doch klar: Durch Gesetzgeberpanne zwei Monate vor frühester Rente arbeitslos, nicht mehr vermittelbar (weil ich nach 2½ Jahren passiver Altersteilzeit fachlich völlig out bin), nur noch zwei Monate Arbeitslosengeld zur Überbrückung zu organisieren. Ich hatte sämtliche Unterlagen dabei, um das nachzuweisen (der Mitarbeiter an der Rezeption hat meinen Altersteilzeitvertrag sogar kopiert).

Aber dann: Eine Riesen-Datenaufnahme über mein ganzes Arbeits­leben, eine lange Wartezeit im leeren Flur, und dann die Aussage, dass ich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss (obwohl ich keine Chance habe) und ein dickes Formular, das mein Ex-Arbeitgeber ausfüllen muss.

Außerdem Fristen noch und noch:

Was für ein Umstand. Warum geht das nicht mit einer Meldung?

Danach schwante mir bereits, dass mir noch mehr Unannehm­lich­kei­ten präsen­tiert werden würden. Ich rechnete mit einer Sperrzeit und einer zu niedrig angesetzten Bemessungsgrundlage. Gegen beides hatte ich schon Urteile des Bundessozialgerichts bereit liegen.

Am 2011-07-26 ging ich wieder hin, diesmal um das Arbeits­losen­geld konkret und fristgerecht zu beantragen. Es lief schon etwas besser. In Anbetracht der Erkenntnis über die vorhandene Büro­kra­tie fragte ich genauer nach Abläufen und bekam von der Bearbei­te­rin auch verständliche, ausführliche Aufklärung samt Unterlagen. Nur sie selbst hatte dann ein Problem, weil in den Computer­abläu­fen außer Kündigung durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer und Auflösungsvertrag keine andere Möglichkeit, also mein Sonderfall nicht vorgesehen war.

Am 2011-07-28 schlug dann die Bürokratie wieder zu: Ich erhielt eine Einladung zum Gespräch mit dem Arbeitsvermittler. Mitbringen soll ich Bewerbungsunterlagen und Lebenslauf.

Das konnte ich immerhin auf den Sei­ten der Arbeitsagentur ergoogeln.

Lebenslauf ist kein Problem. Aber was gehört alles zu den Bewerbungs­unter­lagen?
Ich bin keiner, der jährlich arbeitslos wird, und laufende Erfahrung mit Bewerbungen hat. Meine letzte Bewerbung war 1973 bei der Firma, wo ich dann >35 Jahre gearbeitet habe. In Fällen, die >5 Jahre in Arbeit waren, sollte die Arbeitsagentur kein derartiges Wissen voraussetzen, sondern etwas verständlicher werden.

Beim Termin am 2011-08-09 dagegen gab es keine Probleme. Als die Bearbei­te­rin mit ihrer ersten Standardfrage begann, erklärte ich in fünf Sätzen meine Ausnahmesituation, worauf sie meinte, da werden sie nichts mehr [an Vermittlung] machen. Nachdem sie zum Nachweis der Ausnahmesituation erforderliche Unterlagen kopiert hatte, war ich schon nach 5 Minuten wieder draußen.

Offenbar sind diejenigen, die in der Außenstelle unmittelbar mit den Arbeitslosen zu tun haben, vernünftig. Nur die Bürokratie und die Schreibtischtäter im Hintergrund sind das Problem.
Und mit denen bekam ich es schließlich auch zu tun:

Arbeitsagentur Landau

Nachdem ich alle Unterlagen zusammen hatte, war ich am
2011-08-25 in Landau, um meinen Antrag auf Arbeitslosengeld abzugeben.
Am Anfang, schien es noch freundlich abzulaufen. Bis der Bear­bei­ter S. mir ein um 500€ zu niedriges Arbeitslosengeld ansetzte. Da ich schon auf dem Onlinerechner der Arbeitsagentur gewesen war, wusste ich seinen Fehler: Er hatte nicht berücksichtigt, dass laut Altersteilzeitgesetz §10 nach der ATZ als Bemessungsgrundlage das Einkommen anzusetzen ist, das man ohne ATZ bekommen hätte. Ich legte ihm den Gesetzestext vor, zeigte ihm die Stellen in der Arbeitsbescheinigung, aus der hervor­ging, dass die ange­ge­be­nen Beträge auf halbierter Arbeitszeit basierten, zeigte ihm im Altersteilzeitvertrag die Stelle, nach der das Gehalt durch die ATZ genau halbiert wurde – wer Lesen kann, ist klar im Vorteil. Eigentlich habe ich alles nachgewiesen, aber er konnte oder wollte es nicht akzeptieren. Schließlich ging er zu seiner Teamleiterin.
Als er zurückkam behauptete er, Siemens habe die Arbeits­be­schei­ni­gung falsch ausgefüllt, und zeigte mir dazu eine komplizierte Anleitung – Bürokratie pur.
Frage: Wenn sogar er als Fachkraft der Arbeitsagentur sich das von seiner Teamleiterin erklären lassen muss, wie kann man da von einem normalen Personalsachbearbeiter ein "richtiges" Aus­fül­len verlangen?
Immerhin erklärte er sich bereit, die Korrektur bei Siemens selbst anzufordern.

Anschließend ging ich noch zur Teamleiterin Frau Maurer, weil von einer Sperrzeit gefaselt worden war.
Als erstes kam sie mir mit der Aussage, dass viele nach der Altersteilzeit sich erst mal arbeitslos melden, um die Rente hinaus­zu­zögern und so Rentenabschläge zu vermeiden.
Es ist zwar richtig, dass jemand, der seine Arbeitslosigkeit mut­willig verursacht, eine Sperrzeit bekommt, aber das war ja bei mir nicht der Fall: Ich habe die Rente zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt. Hätte ich die Arbeitslosenversicherung wie unterstellt missbrauchen wollen, hätte ich mich nicht zwei sondern 24 Monate arbeitslos gemeldet, insbesondere, wo mein Arbeitslosengeld höher wäre, als meine Rente, und die von mir beantragten zwei Monate sowieso von der Sperrzeit aufgefressen würden.
Was hat diese Frau für ein schäbiges Menschenbild, dass sie sofort mit einem solchen Pauschalurteil kommt, statt sich erst mal über die Tatsachen zu informieren.

Als ich diese Unterstellung so widerlegt hatte,

Damit wischte sie das Urteil des Bundessozialgerichts einfach vom Tisch. Wie die Finanzämter, die mit Nichtanwendungserlassen einfach sagen 'was kümmert uns ein Urteil' und sich wie Ganovenfirmen darauf verlassen, dass die meisten eh nicht gegen einen übermächtigen Gegner klagen. (Und wenn, zahlt die Prozesskosten nicht der Entscheider aus eigener Tasche, sondern die Behörde, also die Allgemeinheit.)

kam sie mir mit "Leicht­fertig­keit":
Nachdem mich der Perso­na­ler

Außerdem lauerten meine Chefs immer noch auf eine Chance, mich per Aufhebungsvertrag oder Kündigung noch schneller los zu werden. Mehr darüber zu geeigneter Zeit.

auf die Möglichkeit der Rente ab 62 hingewiesen hatte, hatte ich das noch durch Nach­lesen im Gesetz verifi­ziert, bei juris, einem seriösen Internetangebot. Ich hatte also übereinstimmende Informationen aus zwei Quellen. Doch Frau Maurer sagte, das genüge nicht. Die Gesetze seien so kompliziert, dass ich bei der Rentenversicherung hätte fragen müssen. Jetzt sagt mir mal, was an diesem Gesetz
Gesetzestext kompliziert ist (zum Vergrößern anklicken). Muss man jetzt bei

Die Fachkraft bei der Rentenversicherung, die meinen Rentenantrag aufnahm, wusst noch 2011 nichts von dieser Zweimonatsverschiebung. Sie erfuhr es erst von mir, weil ich bei der Sammlung der Unterlagen in meine Rentenauskunft 2010 geschaut hatte.
Also: Fachleute fragen.

jedem Furz Juristen und Spezialisten fragen? Das ist, als ob man von Autofahrern verlangen würde, jedesmal wenn sie innerorts auf ein 60km/h-Schild stoßen, bei der Polizei anzurufen, ob man hier auch wirklich 60 fahren darf und nicht doch nur 50.
Ich sehe das vielmehr als Versuch, mir mit Unterstellungen und Spitzfindigkeiten die mir zustehende Leistung zu verweigern.

Es wäre wohl wirklich besser gewesen, wenn ich den von Frau Maurer beschriebenen Missbrauch betrieben hätte.
Wer gegenüber dem Arbeitsamt fair ist, ist der Dumme.

Ich würde mich nicht wundern, wenn ich erführe, dass die Entscheidungen der Frau Maurer ein persönlicher Racheakt wäre. Sie trägt denselben Namen wie ein Chirurg, dem ich 2008 eine vernichtende Bewertung bei Docinsider eingetragen habe, der inzwischen seine Praxis aufgegeben hat und wie ich hörte nur noch in Landau etwas co-praktiziert.


2011-08-31 kam ein Schreiben von einer anderen Sachbe­ar­bei­te­rin, der Bescheid verzögere sich, weil sie noch prüfen muss, ob eine Sperrzeit eingetreten ist.
Der Wechsel der Sachbearbeiterin und der sachliche Ton ließ hof­fen, dass doch noch mit Vernunft nachgeprüft wird. Ich schickte ihr darum zusammen mit einem nachzuliefernden Beleg eine Beschrei­bung, wie ich unter Druck gesetzt worden war, zusammen mit einem Auszug aus meinem Mobbingprotokoll. Eigentlich müsste daraus zu erkennen sein, dass es in dieser Situation eine Überfor­de­rung gewesen wäre, auch noch an aufwändige Nach­for­schun­gen á la Frau Maurer zu denken.

Parallel dazu hatte ich bei der Rentenversicherung angefragt, wie denn nun die Rechtslage exakt beim Datum meiner Unterschrift unter dem Altersteilzeitvertrag war. Die Antwort traf kurz nach meinem Brief ans Arbeitsamt ein. Und jetzt kommt der Hammer:
Den von mir verifizierten und oben zitierten Paragraphen gab es zu der Zeit tatsächlich noch mit exakt diesem Text. Aber gleichzeitig gab es bereits einen neuen Paragraphen mit der neuen Regelung. D.h., das Gesetz enthielt zwei widersprüchliche Regelungen. Die alte bekannte und weit hinten die neue, die sich nach 6 Jahren immer noch nicht komplett herum­gesprochen hat. Der Gesetzgeber hat geschlampt, indem er die Veränderung eingefügt hat, ohne den alten Paragraphen zu entfernen oder wenigstens mit einem Verweis zu versehen. Wer weiß, wieviel außer mir noch dadurch getäuscht worden sind.

Würde sich eine privatwirtschaftliche Firma sowas in ihren AGB erlauben, wäre die hintere Regel nach BGB§305c "Überraschende und mehrdeutige Klausel" nichtig. Nur unser Scheißstaat kann sich das erlauben und den Bürger die Folgen ausbaden lassen.

Für mich bedeutete das, dass es jetzt nur noch darauf ankam, ob man von mir erwartet, dass ich trotz der psychischen Extrem­situa­tion über die erste Verifizierung hinaus hätte denken können.

2011-09-15 kam dann von Frau Maurer ein Bescheid über Eintritt einer Sperrzeit. Immerhin war sie auf sechs Wochen verkürzt worden, so dass ich vom restlichen Almosen, das ich noch bekommen sollte, wenig­stens die Krankenversicherung für die Sperrzeit bezahlen konnte. Aber die Begründung ist dieselbe hanebüchene, wie oben: Ich hätte mich nicht genügend informiert.

Laut SGB III §144 (1) 1 tritt eine Sperrzeit nur ein, wenn der Versicherte die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbei­geführt hat. In meinem Fall kann man jedoch schlimm­sten­falls von leichter Fahrlässigkeit sprechen.
Diese [Kraftausdruck Eurer Wahl] mit Ihrem sicheren Arbeitsplatz in einer Behörde können sich offensichtlich nicht vorstellen, was in der freien Wirtschaft, speziell in Konzernen abgeht, wenn Vorge­setzte hoch bezahlte oder ältere Mitarbeiter loswerden wollen. Wenn da jahrelang durch Herabsetzen von Leistung, Zuteilung ungeeigneter Aufgaben bis hin zu einem Vertragsbruch von Seiten der Firma die Nerven ständig angespannt sind – auch in die Freizeit hinein, dann sind die Gedanken vor allem darauf kon­zen­triert, den Arbeitsplatz möglichst lang zu erhalten, indem man versucht Fallen vorzeitig zu erkennen und zu parieren, Angriffe abzuwehren, jeden denkbaren Anlass für eine Kündigung zu vermeiden und in einem ausgewogenen Maß so Zähne zu zeigen, dass die Vorgesetzten weder überreagieren noch zu weiterem Mobbing ermutigt werden. Zu erwarten, dass ein so malträtierter Mitarbeiter auch noch daran denkt, dass ein klar formulierter nur vierzeiliger Paragraph eine Falle von Seiten des Gesetzgebers bilden könnte, ist schlicht und einfach weltfremd –

Was man mit solchen Behördenmitarbeitern noch für Organisationen führen könnte, darüber lasse ich mich aus rechtlichen Gründen lieber nicht aus.

oder menschen­ver­achtend, denn schließlich habe ich schon mit Schreiben vom 2011-09-01 über meine damalige Situation aufgeklärt.

Ich legte Widerspruch ein. Bei dieser Einstellung in der Behörde habe ich allerdings von vornherein mit Ablehnung und Weiterführung vor dem Sozialgericht gerechnet. (Sowas habe ich einmal mit der Kindergeldkasse (ebenfalls Landau) gemacht, worauf ich zwar gewann, aber die erstrittene Summe gerade mal für die Begleichung der Kosten des Rechtsstreits reichte.)

Seit diesem Bescheid geht es mir nicht mal mehr ums Geld. Ich könnte auch einen Totalverlust verkraften. Aber mein Gefühl für Gerechtigkeit und Menschlichkeit ist jetzt derart provoziert worden, dass ich ausloten will, wie weit diese [Kraftausdruck Eurer Wahl] gehen, um es hier zu berichten.

2011-09-16 kam ein erster Bescheid über die Höhe des Arbeits­losen­geldes. Ich sah sofort an der Endsumme, dass man sowohl die Hälfte meines anzurechnenden Einkommens, als auch das in Ausbildung befindliche Kind ignoriert hatte, mich also auch bei der Höhe des Arbeitslosengeldes über den Tisch ziehen wollte. Zusammen mit der Sperrzeit summierte sich der Betrag, um den mich das Arbeitsamt bescheißen wollte, auf ca. 3500€.
Selbstverständlich habe ich auch dagegen Widerspruch eingelegt.

Nachdem ich gegen Ende der Widerspruchfrist noch keine Reaktion hatte, nicht mal eine erbetene formlose Auskunft, und ich bei meinem Besuch am 2011-08-25 erfahren hatte, dass durchaus Unterlagen im Reißwolf landen, die noch benötigt werden,
habe ich am 2011-10-08 beide Widerspruchschreiben noch mal als Einschreiben geschickt.

Widerspruchschreiben ignorieren oder gar vernichten, und dann behaup­ten, es hätte keinen Widerspruch gegeben, ist bei mir nicht drin.

Das Einschreiben wurde am 2011-10-12 übergeben und siehe da: Nur wenige Tage später kam ein Bescheid mit Datum 2011-10-12, in dem mein Widerspruch gegen die Sperrfrist abgelehnt wurde. Ich habe als nächste Eskalationsstufe Klage beim Sozialgericht eingereicht.

2011-09-21 kam schließlich die Nachricht, dass meinem Wider­spruch gegen die Höhe des Arbeitslosengeldes "in vollem Umfang" entsprochen wird. Allerdings war der Betrag immernoch 1,4% niedriger als das, was der Onlinerechner des Arbeitsamts ausspuckt. Ich konnte die Ursache nachvollziehen, aber wegen der kleinen Summe lohnte sich ein erneuter Widerspruch nicht mehr.

Sozialgericht erste Instanz

2011-11-19 erhielt ich eine Stellungnahme des Arbeitsamts zu meiner Klage gegen die Sperrzeit. In dieser wird behauptet, dass laut Bundessozialgericht im Widerspruch zum Gesetz der Grad der Fahrlässigkeit eines Versicherten keine Rolle spielt. D.h., das Bundessozialgericht hätte sich nicht an den Wortlaut der Gesetze gehalten, auf Grund derer Gerichte eigentlich urteilen müssten.
Das Urteil ist so alt, dass ich den Text nicht so einfach auftreiben konnte. Ich bat das Gericht, die Behauptung des Arbeits­amts zu prüfen. Wenn die gelogen haben, haben sie meiner Klage also nichts entgegenzusetzen, wenn es dagegen stimmt, würde das erneut bestätigen, dass unsere Gesetze Makulatur sind, sobald sie einer Behörde nicht passen.

2012-10-24 war die Verhandlung vor dem Sozialgericht. Die (recht junge) Vertreterin des Arbeitsamts vertrat stur und ignorant die gleichen Ansichten, wie sie vorher mündlich und schriftlich geäußert worden waren. Ich war schockiert von der seelenlosen, menschenverachtenden Haltung. Und auf Grund der Ähnlichkeit dieses Verhaltens mit dem meiner früheren Vorgesetzten, kamen die alten Emotionen wieder hoch, so dass ich nur mühsam meine Fassung wahren konnte.

Gott sei Dank musste ich gar nicht viel selbst argumen­tie­ren. Die Richterin belehrte die Vertreterin des Arbeitsamts stattdessen über die entscheidende Bedingung der groben Fahrlässigkeit, die nicht erfüllt sei. So wie ich es in meiner sehr guten Klageschrift vorgebracht hatte. Am Ende wurde entschieden, dass die Sperrzeit entfällt und mir das Arbeitsamt dieses Arbeitslosengeld nach­zahlen muss.

2012-11-17 erhielt ich die schriftliche Ausfertigung des Urteils und nehme an, dass das Arbeitsamt sie zeitgleich bekommen hat. Es hätte hätte also ab diesem Tag tätig werden, mir einen korrigierten Bescheid schicken und das Geld auszahlen müssen.

Doch es geschah wochenlang nichts.

2013-01-12 schickte ich per Mail eine erste Mahnung ans Arbeitsamt Landau, in der ich Zahlung bis 2013-01-31 forderte und die Konsequenzen einer weiteren Untätigkeit ankündigte.

2013-01-15 erhielt ich dann einen Anruf von der Pressestelle des Arbeitsamts. Nur weil ich die Presse mit informiert habe, erfuhr ich jetzt, dass die [Kraftausdruck Eurer Wahl] Berufung eingelegt haben. Drei Tage später kam vom Sachbearbeiter die gleiche Aussage schriftlich mit Aktenzeichen. Im Ton war sie deutlich höflicher als alle vorigen Schreiben. Was es doch ausmacht, die Medien einzuschalten SmileEvil

Dass ich von der Berufung noch nichts erfahren habe, liegt vermut­lich daran, dass sie (wie bei Ganovenfirmen zur Verzögerung üblich) am letzten Tag der Frist eingelegt wurde und gerade zu Beginn der Weihnachtspause beim Gericht einging. Anscheinend hat das Arbeitsamt vor, wie bei Ganovenfirmen üblich, durch alle Instanzen zu gehen in der Hoffnung, dass mir Nerven oder Geld ausgehen. Die Unverantwortlichen des Arbeitsamts kostet das ja nichts, die Kosten werden der Versicherten­ge­mein­schaft oder dem Steuerzahler aufgebürdet. Bei dieser klaren Rechtslage ist das Untreue nach § 266, also eine kriminelle Handlung.

Jetzt plante ich Durchmarsch, analog meinem Swabedoo-Fall. Ich war hochmotiviert und fühlte mich wie ein Jagdhund, der Witterung aufgenommen hat.

Sozialgericht zweite Instanz

Da sich das Arbeitsamt nicht anders benimmt, als diverse dubiose Firmen, mit denen ich im Verbraucherschutz schon zu tun hatte, konnte ich mir vorstellen, was ihre Berufungsbegründung enthält, und habe ohne diese zu kennen schon mal eine Erwiderung entworfen. Ich musste tatsächlich nicht viel ändern, nur zusätzlich auf ein paar Lügen eingehen, die ich nicht mal dem Arbeitsamt zugetraut hätte.

2013-01-30 erhielt ich dann die Berufungsschrift. Aus dem Datum geht hervor, dass sie wirklich bis zum letzten Tag der Frist ge­war­tet haben. Und die Begründung wurde erst einen Monat später nachgeliefert, und zwar zwei Tage nachdem im Germersheimer Teil der Rhein­pfalz ein fünfspaltiger Artikel über meinen Fall erschie­nen ist.

Ich vermute, sie haben die Begründung immer wieder hinaus­ge­schoben, weil ihnen nichts stichhaltiges einfiel, und waren dann durch das Interesse der Presse unter Druck. Entsprechend fiel auch der Stil der "Begründung" aus: Neue Instanz, neue Lügen. (Siehe Seite 4.)

Hier meine Erwiderung.

2013-04-18 erhielt ich die Mitteilung, dass das Arbeitsamt "wegen Erkrankung der zuständigen Sachbearbeiterin" um Fristver­länge­rung bittet. Das Datum des Schreibens liegt wieder am Ende der mutmaßlichen Frist.

Ich bestreite zwar nicht, dass Mitarbeiter krank werden können, aber hier sieht es doch wieder sehr nach Verzögerungstaktik aus: Entweder ist die Sachbearbeiterin ausgesprochen lange krank und man ist im Arbeitsamt nicht fähig oder willens, die Arbeit vertretungs­weise von jemand anders machen zu lassen, oder die Bearbeitung wurde mangels Argumenten wieder mal bis ans Ende der Frist verschoben, und dann kam die Krankheit sehr gelegen.

Wollen wir hoffen, dass es sich bei der Krankheit nicht um eine Schwangerschaft mit anschließendem Mutterschaftsurlaub handelt. Einmal lasse ich das noch durchgehen. Sollte die Erkrankung aber zu lange dauern, oder sich so was in der nächsten Instanz wieder­holen, will ich das Gericht auffordern, die behauptete Erkrankung vom Amtsarzt überprüfen zu lassen.

2013-05-03 erhielt ich die Mitteilung, dass das Arbeitsamt (übersetzt in Umgangssprache) keine inhaltliche Stellungnahme zu meiner Berufungserwiderung abgibt.

Tja, wenn man sich diese Mühe nun doch nicht macht, hätte man das nicht bereits zu Beginn der Frist mitteilen können?

Das Datum der Mitteilung liegt fünf Kalendertage nachdem ich oben die Bitte um Fristverlängerung kommentiert und die Rheinpfalz informiert habe.

2013-09-26 war dann die Verhandlung vor dem Landes­sozial­gericht in Mainz.

Es war hauptsächlich die übliche Routine mit Detailfragen, und ich war zwar aufgeregt, aber nicht am Rand meiner Nervenkraft, wie in der ersten Instanz. Einmal wollte die Vertreterin des Arbeitsamts die Reihenfolge von Ereignissen umdrehen, um mich zu "überführen". Ihr Pech, als ich die richtige Zeitangabe fand. Und einmal beschul­dig­te sie mich, nur das vorzutragen/nachzuweisen, was für mich gut sei, und das andere wegzulassen, worauf der Vorsitzende sie darauf hinwies, dass sie ja das Gleiche mache, und sich dafür auf Notizen in den Arbeitsamts-Akten bezog. (Diese Akten würde ich ja gern mal sehen.) Die Frau hat wohl nicht verkraftet, dass ich das Gericht in meiner Berufungserwiderung über die Ursache ihres Stils aufgeklärt habe, denn ihre Beschuldigung kam in sehr heftigem, wie "beleidigtem" Tonfall. Irgendwie ähnlich einem trotzigen Kind.

Am Ende wurde die Berufung abgewiesen, ich habe wieder gewonnen.

2013-11-08 erhielt ich das Urteil. Das Gericht hat sich diesmal sehr gründlich mit der Einstufung des Grades der Fahrlässigkeit beschäftigt, wie ich es in beiden Instanzen beantragt habe, damit mein Fall als Präzedenzfall dienen kann. Es wäre hirnrissig vom Arbeitsamt gewesen, noch in die dritte Instanz zu gehen, noch dazu wo die Hürde dafür so hoch ist, dass das Bundessozialgericht vorher erst mal um Zulassung einer Revision gebeten werden musste.

2014-01-10 erhielt ich dann einen korrigierten Bescheid ohne Sperrzeit, und am selben Tag war auch das Geld auf meinem Konto.

Kostenerstattung

Allerdings hatte das Arbeitsamt mir laut Urteilen auch die Kosten zu erstatten, die mir durch die Auseinandersetzung entstanden sind. Da ich im Gegensatz zu dem einen erfolgreichen Widerspruch keine Aufforderung bekam, sie einzureichen, schickte ich am 2014-02-02 eine Mail mit meiner Kostenaufstellung und setzte zur Erledigung eine Frist bis zum 2014-02-28. Als Antwort erhielt ich (fristgerecht) den Hinweis, dass die zu erstattenden Kosten vom Gericht festgesetzt werden, und habe 2014-02-20 einen entsprechenden Antrag gestellt. Als ich nach zwei Monaten mal nachfragte (ich hatte zur Kosten­einsparung kein Einschreiben verwendet), erhielt ich nach drei Werktagen den Beschluss, zusammen mit einer voran­ge­gan­ge­nen Stellungnahme des Arbeitsamts.

Das Arbeitsamt wollte mir von den entstandenen 120€ Kosten nur 9,70€ ersetzen, einen Teil der Portokosten. Das Gericht hat dann wenigstens die Kosten für die Fahrt zur Berufungsverhandlung dazu genommen, so dass 76€ zu erstatten sind.

Die Kosten für die Fahrt zur 1. Instanz wären vom Gericht selbst zu erstatten gewesen, wenn ich es denn gewusst und einen Antrag gestellt hätte. Inzwischen ist die Frist dafür abgelaufen.

Einschreiben sei angeblich nicht notwendig gewesen und darum nicht erstattungsfähig. Das trifft zu, wenn eine Behörde korrekt handelt. Aber wenn derart unter der Gürtellinie gekämpft wird, wie vom Arbeitsamt, ist ein Einschreiben nicht nur zum Nachweis der Fristwahrung, sondern auch zum Nachweis des Eingangs überhaupt erforderlich. Sonst kann ein Schreiben ja "verloren gehen" und wenn die Frist abgelaufen ist, ist nichts mehr zu machen.

Übrigens wären Kosten für einen Rechtsanwalt voll erstattungsfähig gewesen. Das wäre das Arbeitsamt teuerer zu stehen gekommen.

Oder auch nicht. Denn ein Anwalt hätte eher formaljuristisch argu­men­tiert – und verloren. Den Sieg habe ich dagegen wohl meinen psychologischen und menschlichen Argumenten zu verdanken. Da hat es sich also doch bewährt, mich selbst um die Angelegenheit zu kümmern, denn die nicht erstatteten Kosten sind ein Klacks gegen die hohe Summe, die mir das Arbeitsamt auf Grund meiner erfolgreichen Selbstvertretung zahlen musste.

2014-05-07 war dann das Geld auf dem Konto und der Fall endgültig abgeschlossen – zumindest juristisch.

Fazit

Es ist verlogen, ein Amt in Agentur und Arbeitslose in "Kunden" umzubenennen, wenn sie weiterhin wie zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten wie Bittsteller behandelt werden, denen man mit bürokratischen Spitzfindigkeiten oder Ignoranz Dinge verweigert. (Bei Hatz4-Empfängern soll es ja noch viel schlimmer sein.)

Allerdings war Dezember 2011 in der Rheinpfalz ein Bericht über einen Mann, der in seiner Ohnmacht Parolen gegen das Arbeitsamt auf fremde Wände schmierte.

Ich staune, dass unter sol­chen Umständen in Landau noch kein Amoklauf statt­ge­fun­den hat.

Zwei reklameartige Berichte der Rheinpfalz über gute Arbeit zweier einzelner Abteilungen (Außenstelle Kandel und München) ändert nichts an diesem Grundsatz.

Und ich verstehe Arbeitgeber, die Bewerber vom Arbeitsamt skeptisch sehen. Denn bei einer solchen Behandlung werden die Arbeitssuchenden doch zwangsläufig entmutigt und demotiviert.
Und ebenso verstehe ich immer mehr die Menschen, die möglichst viel Geld vom Staat und seinen Institutionen retten wollen. Ihr braucht wirklich kein schlechtes Gewissen haben, falls Ihr Staat oder Sozialversicherungen betrügt, denn die machen mit uns ja auch nichts anderes. Sollte ich künftig auf irgendwelche Anzeichen von Schwarzarbeit oder Schatten­wirtschaft stoßen, werde ich einfach wegsehen.

Links

tacheles-sozialhilfe.de für Opfer des Arbeitsamts
gegen-hartz.de
Hatz4-Empfänger wie Dreck behandelt
Bundesrechnungshofes: "Handlungsprogramm" zu Jobvermittlung ungesetzlich
Buch: Hartz IV. Eine Abrechnung


Gegenüber dem Umgang mit meiner Arbeitslosigkeit sind die übri­gen Erlebnisse mit dem Arbeitsamt Kinkerlitzchen. Aber sie zeigen, dass Schlamperei und "Kunden"verachtung schon immer exis­tier­ten.

Thema Familienkasse

Kindergeldkürzungen

Mitte der 1980er Jahre gab es für Besserverdienende eine Kürzung des Kindergelds, die später vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Ab der Geburt unseres zweiten Sohns waren auch wir davon betroffen. Da die Kürzung da bereits im Verdacht stand, ver­fas­sungs­widrig zu sein, legte ich sofort Widerspruch ein, mit der Bitte, die Bearbeitung zurückzustellen, bis ein bestimmter Musterprozess entschieden sei. Das Arbeitsamt kam diesem Wunsch nach. Damals war das Arbeitsamt Karlsruhe für mich zuständig.

Anlässlich meines Umzugs 1988 in die Zuständigkeit des Arbeits­amts Landau wurde mein Widerspruch vom Arbeitsamt Karlsruhe bearbeitet und zurückgewiesen. Der in der Begründung angeführte Verweis auf das Bundesgericht erweckte den Eindruck, dass der Musterprozess abgeschlossen und eine Klage gegen den Bescheid sinnlos sei. Erst 21.9.90 erfuhr ich aus der Zeitung, dass dem nicht so war, und die Kindergeldkürzungen tatsächlich verfassungswidrig waren. Das Arbeitsamt hatte auf ein Urteil des Bundessozialgerichts verwiesen und das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ignoriert, das erst Mai 1990 entschieden wurde. Es hat mich also getäuscht.

Ich nahm sofort Verbindung mit dem Arbeitsamt Karlsruhe auf. Um die Gerichte nicht unnötig zu belasten, schlug ich vor, dass das Arbeitsamt den Widerspruchsbescheid zurücknehmen und neu bearbeiten solle. Der Vorschlag wurde scheinbar angenommen.

Gleichzeitig legte ich beim Arbeitsamt Landau Widerspruch gegen die von ihm ergangenen und noch kommenden Kindergeldbescheide ein. Ich verwies ausdrücklich darauf, dass ich für die Jahre vor dem Umzug bereits mit dem Arbeitsamt Karlsruhe in Verbindung stand. Das Arbeitsamt Landau änderte jedoch meine Willenserklärung eigenmächtig: Es bezog meinen Widerspruch auf sämtliche, auch die Karlsruher Bescheide. Dabei wurde mein Schreiben ans Arbeitsamt Landau als Erst-Antrag behandelt, der für das Jahr 1985 zu spät kam. Folglich wurde der Antrag nur für die Jahre ab 1986 angenommen und die Bearbeitung bis zu einer gesetzlichen Rege­lung zurückgestellt, während der Antrag für 1985 abgelehnt wurde. Dass ich in Karlsruhe bereits 1985, also rechtzeitig Wider­spruch eingelegt hatte, wurde nicht berücksichtigt. Das Arbeitsamt Karls­ruhe nahm die Entscheidung des Arbeitsamts Landau zum Anlass, die Bearbeitung einzustellen.

Also war ich gezwungen Widerspruch einzulegen, und nach dessen Ablehnung beim Sozialgericht Klage einzureichen.

Die Details reduziere ich hier mal, es lief stilmäßig wie beim Sperrzeit-Prozess. Aber sollten die mich mit dem Vorwurf der Verbreitung unwahrer Tatsachen mundtot machen wollen, ist alles binnen 48 Stunden online. Gescannt ist schon.

Auch hier gab es wie bei der obigen Sperrzeit-Berufung eine Verschleppung durch das Arbeitsamt, damals mit der Behaup­tung, der zuständige Sachbe­arbei­ter sei nach Sachsen abgeordnet worden.

Als es dann losging versuchte das Arbeitsamt wie bei der Sperrzeit mit Ausreden und Spitzfindigkeiten mein Recht abzulehnen, und verdrehte dabei sogar eine Darlegung der Vizepräsidentin des Sozialgerichts, die meine Rechtsauffassung bestätigte.

Nach dreimaligem Schriftsatz-Austausch kam es dann bei der Ver­hand­lung vor dem Sozialgericht am 1992-10-01 zu einem Vergleich, in dem das Arbeitsamt seinen Bescheid aufhob, wenn ich im Gegen­zug auf die Erstattung meiner Prozess­kosten verzichtete. Da ich die Nase voll hatte, akzeptierte ich das.

Allerdings musste ich ein halbes Jahr nach Lieferung angeforderter Unterlagen noch mal mahnen, damit die Gauner endlich zahlten.

Das nachgezahlte Kindergeld reichte gerade, um meine Kosten zu decken. Mein einziger Erfolg war, dass die Gauner ihre Beute nicht behalten konnten.