Willst Du froh und glücklich leben,
laß kein Ehrenamt dir geben! Willst du nicht zu früh ins Grab lehne jedes Amt gleich ab! Wieviel Mühen, Sorgen, Plagen wieviel Ärger mußt Du tragen; gibst viel Geld aus, opferst Zeit - und der Lohn? Undankbarkeit! Ohne Amt lebst Du so friedlich und so ruhig und so gemütlich, Du sparst Kraft und Geld und Zeit, wirst geachtet weit und breit. So ein Amt bringt niemals Ehre, denn der Klatschsucht scharfe Schere schneidet boshaft Dir, schnipp-schnapp, Deine Ehre vielfach ab. Willst du froh und glücklich leben, laß kein Ehrenamt dir geben! Willst du nicht zu früh ins Grab lehne jedes Amt gleich ab! Selbst Dein Ruf geht Dir verloren, wirst beschmutzt vor Tür und Toren, und es macht ihn oberfaul jedes ungewaschne Maul! Drum, so rat ich Dir im Treuen: willst Du Weib (Mann) und Kind erfreuen, soll Dein Kopf Dir nicht mehr brummen, laß das Amt doch and´ren Dummen. Autor unbekannt. Wird fälschlich Wilhelm Busch zugeschrieben. |
Seit einigen Jahren ist das Ehrenamt "wieder entdeckt" worden und wird in den höchsten Tönen gelobt. Warum? Weil viele gesellschaftliche Leistungen nicht mehr bezahlt werden können (oder wollen). Sozusagen 1€-Jobs, bei denen man auch den letzten Euro noch spart.
Aber immerhin soll ja soziale Anerkennung, Wertschätzung winken.
Tatsächlich? Ich habe eher den Eindruck, dass es zwar offiziell gelobt, insgeheim aber doch gering geschätzt wird.
Hier drei Beispiele:
Ich war 1992-1993 Schatzmeister in einem Verein, der angab, der Völkerverständigung zu dienen. Eine trockene Arbeit, die kaum einer machen wollte. Ich baute eine automatisierte, sorgfältige Buchhaltung auf, erarbeitete Richtlinien, belehrte Aktive, deren lockerer Geldumgang unsere Gemeinnützigkeit gefährdete...
Anerkennung? Meine Arbeit wurde respektiert und ich war halt da.
Nach den rechtsradikalen Vorfällen in Hoyerswerda verfasste eine politisch korrekte Clique um den Vorstandsvorsitzenden eine Resolution, in der alle Deutschen pauschal als ausländerfeindlich bezeichnet wurden. Ich protestierte gegen die Verunglimpfung der eigenen Bevölkerung, worauf ich selbst in die rechtsradikale Ecke gestellt wurde.
Bei der Sitzung, bei der es um die Kandidaturen für die nächsten Vorstandswahlen ging, lehnte ich eine erneute Kandidatur ab. Das waren vielleicht betretene Gesichter. Die haben wohl geglaubt, mich wie einen Fußabtreter behandeln und trotzdem meine Arbeitsleistung absahnen zu können.
Mein Nachfolger war übrigens zwar ein politisch braves Schaf, kam aber als Arbeitsloser in finanzielle Schwierigkeiten und hat aus der Vereinskasse unterschlagen. Ich kann eine gewisse Schadenfreude nicht verhehlen: Wer gute Mitarbeiter will, muss eben auch ihre Ecken und Kanten akzeptieren.
In einem kirchlichen Forum traf ich eine Frau, die in ihrer Gemeinde sehr aktiv war. Gemeindebrief, Kindergottesdienst und was anfiel. Außerdem organisierte sie Hilfe für die Restauration der Orgel (Flohmarkt, Konzerte, Adventsbasar, Haussammlung, Mitgliederwerbung im Förderverein...usw.). Ich zitiere: "Ich tue es gern, aber so ab und zu ein nettes Wort täte sogar mir schon mal gut." und die Pfarrerin hatte für alle anderen mal ein Lob, eine Umarmung, nur für sie nicht.
Die einhellige Diagnose war, dass ihr vielfältiger Einsatz schon so selbstverständlich geworden war, dass er nicht mehr richtig wahrgenommen wurde und deshalb nicht erwähnenswert erschien.
Das bin wieder ich. 2001 wurde ich gebeten, die Betreuung einer Vereinshomepage zu übernehmen. Ich habe Berichte und andere Seiten eingebaut, Inhalte aktualisiert, Termine überwacht ... sogar eine zweite extra Homepage für ein Aktionsteam frisch gebaut. Anerkennung war sogar da – solange es keine Konflikte gab.
Das Ende kam, weil als Provider ein lokales Pressehaus benutzt wurde, das gleichzeitig auch Geldsponsor war. Eines Tages ohne Vorwarnung von heut auf morgen ging nichts mehr, weil unser Speicherplatz auf einen Bruchteil dessen reduziert war, was wir bereits verbrauchten. Mein Vorschlag, den Provider zu wechseln, wurde vom Geschäftsführer ignoriert, so dass ich schließlich mit viel Aufwand Strukturen ändern musste, um Seiten auszulagern. Bei einem technischen Problem wurde ich vom Hotliner wie ein lästiges Insekt behandelt (wir sponsern die ja). Und als ich sogar einen Fehler der Software meldete, damit nicht auch andere (z.B. zahlende) Kunden reinfallen, wurde er richtig unverschämt.
Und was tat unsere Vorsitzende? Sie entschuldigte sich beim Sponsor für mein Verhalten, weil sie Angst ums Geld hatte.
Da hab ich die Arbeit fristlos hingeschmissen.
Außerdem habe ich mich zum ersten Mal dafür interessiert, was meine Arbeit in Geld wert war. Nach Webdesignerpreisen hatte ich Jahr für Jahr Arbeitsleistung im Wert von mehr als 1000€ aufgebracht. Das Speicherplatzproblem verursachte mit Provisorium, technischer Schwierigkeiten und endgültiger Lösung Arbeitsaufwand im Wert von 2000€. Und nur, weil der Verein die Kosten für einen professionellen Provider von 84€/Jahr, nach neueren Recherchen sogar nur 24€/Jahr sparen wollte. Der Ehrenamtliche kost ja nix. (Übrigens: Der Verein sitzt in Schwaben.)
Geld zählt. Ehrenamtliche Arbeit ist nichts wert, bestenfalls ein paar Streicheleinheiten, damit der Mitarbeiter nicht abspringt.
Mein Rat an die Ehrenamtlichen:
Wenn Ihr Euch wirklich ein Ehrenamt antun wollt, dann notiert Eure Arbeitsleistung und rechnet aus,
wieviel Euer Verein einem gewerblichen Dienstleister dafür zahlen müsste. Das gibt Euch nicht nur
mehr Selbstwertgefühl, sondern lässt Euch auch erkennen, ob die Anerkennung angemessen ist,
oder ob Ihr besser aufhört.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, Ihr seid nicht auf eine bestimmte angewiesen.
Mein Rat an die Vorstände von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen:
Rechnet aus, wieviel die Arbeit Eurer Ehrenamtlichen bei einem gewerblichen Dienstleister bzw. Angestellten
kosten würde, und behandelt sie genauso wie einen, der die gleiche Summe in Geld spendet.
Denn wenn Euch die Ehrenamtlichen abspringen, müsst Ihr genau diese Summe für bezahlte
Arbeitsleistung ausgeben.
2009