Es gibt Rituale, die von den Gründern einer Glaubensgesellschaft eingesetzt werden (jedenfalls wird das in Überlieferungen behauptet), es können aber auch Rituale entstehen, indem man in ein ehemals praktisches Verhalten etwas Spirituelles hineininterpretiert.
Wie eine früher sinnvolle Handlung, die später ihren Sinn verloren hat, dennoch beibehalten und ein neuer Sinn hineingeheimnist wird, persifliert der folgende Text:
Jeden Abend, wenn der Guru sich zur Andacht niederließ, pflegte die Ashram-Katze herumzustreunen und die Beter abzulenken. Also ließ er die Katze während des Abendgottesdienstes anbinden. Lange nach dem Tode des Gurus wurde die Katze stets während des Abendgottesdienstes angebunden. Und als die Katze schließlich starb, wurde eine andere Katze in den Ashram gebracht, so dass man sie ordnungsgemäß während des Gottesdienstes anbinden konnte. Jahrhunderte später schrieben die Schüler des Gurus gelehrte Abhandlungen darüber, welch wichtige Rolle eine Katze in jedem ordentlich gestalteten Gottesdienst spielt.
Quelle u.a.: "Wohin ist Gott?: Gott erfahren im säkularen Zeitalter."
Eine ernsthaftere Betrachtung zu diesem Thema habe ich hier, auf der Basis des Buchs Leviticus.